Schalter der Zukunft: Elektroneninseln auf Nanoröhren
KIT-Wissenschaftler entdecken unerwarteten elektronischen Effekt
Nanoröhren gelten wegen ihrer besonderen optischen, elektronischen und mechanischen Eigenschaften als Shootingstars in der Nanowissenschaft. Jetzt haben Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), unterstützt durch das DFG-Centrum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN), einen unerwarteten elektronischen Effekt entdeckt, der mittelfristig einen Durchbruch bei der Herstellung neuartiger Schaltelemente bringen könnte.
Den Wissenschaftlern am Institut für Nanotechnologie (INT) ist es gelungen, die Leitfähigkeit von Nanoröhren an einzelnen, genau definierten Stellen durch Bestrahlung mit Elektronen um das 1000-fache herabzusetzen und damit im elektronischen Flussbett winzige Dämme einzuziehen. Legt man eine hohe Spannung an, leiten die behandelten Stellen den Strom wieder. Die Nanoröhren selbst bleiben unbeschädigt. „Mit einem verhältnismäßig kleinen Aufwand können wir einen Rieseneffekt erzeugen, der zugleich reproduzierbar und reversibel ist. Das wird einen großen Einfluss auf die Verwendung von Nanoröhren in neuartigen Computer-Chips haben“, sind Dr. Ralph Krupke und Christoph Marquardt vom INT überzeugt.
Für das Experiment hatten die Physiker ein Bauelement vergleichbar einem Transistor konstruiert, bei dem einzelne Nanoröhren zwischen zwei Elektroden gesetzt werden, als Trägermaterial dient eine Oxidschicht. Die Vorrichtung wurde in einem Elektronenmikroskop platziert und der Elektronenstrahl gezielt senkrecht über die Nanoröhren geführt. Dabei erzeugten die Wissenschaftler eng definierte Stellen in einer Ausdehnung von ungefähr zehn Nanometern, die nahezu keinen Strom mehr leiten. „Wir stoßen damit eine Tür auf in einen anderen Bereich der Physik“, erklärt Krupke. Der Physiker spricht von so genannten Quantendots, die sich bisher nur sehr aufwändig herstellen und in Schaltkreise integrieren ließen. „Diese Quantendots sind nichts anderes als kleine Inseln, auf die nur wenige Elektronen passen“, so Krupke. Das Besondere: Quantendots lassen sich schalten und steuern wie Transistoren, sind aber deutlich kleiner als herkömmliche Halbleitertransistoren. Mit dem neuen INT-Verfahren lassen sich auf einer Nanoröhre integrierte Quantendots definierter Größe herstellen, indem man mit dem Elektronenstrahl jeweils zwei eng beieinanderliegende Stellen abrastert.
Den Grund für den Effekt vermuten die Wissenschaftler im Trägermaterial. Ein Teil der Elektronen aus dem Elektronenstrahl bleibt in der Oxidschicht stecken. Diese Elektronen stören anschließend das elektronische System in den Nanoröhren und machen sie lokal nicht leitend. Durch das Anlegen einer hohen Spannung werden die „Stör-Elektronen“ wieder abgesaugt.
Im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schließen sich das Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft und die Universität Karlsruhe zusammen. Damit wird eine Einrichtung international herausragender Forschung und Lehre in den Natur- und Ingenieurwissenschaften aufgebaut. Im KIT arbeiten insgesamt 8000 Beschäftigte mit einem jährlichen Budget von 700 Millionen Euro. Das KIT baut auf das Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.
Die Karlsruher Einrichtung ist ein führendes europäisches Energieforschungszentrum und spielt in den Nanowissenschaften eine weltweit sichtbare Rolle. KIT setzt neue Maßstäbe in der Lehre und Nachwuchsförderung und zieht Spitzenwissenschaftler aus aller Welt an. Zudem ist das KIT ein führender Innovationspartner für die Wirtschaft.